1992 May 29, Centenary Tribute to Baha'u'llah
"Heute ist der Knig der Tage"
May 29, 1992
A Tribute by the Universal House of Justice to Baha'u'llah on the Centenary of His Passing
Tiefbewegt und beseligt versammeln wir uns in der geheiligten Umfriedung von Bah'u'llhs Ruhesttte, um aus dem erhabenen, historischen Anla§ des hundertsten Jahrestages Seines Hinscheidens der hchsten Manifestation Gottes ehrenvoll zu gedenken.
Unsere Herzenssehnsucht treibt uns, die Stimme zum Lobpreis eines Lebens zu erheben, das unendlich hoch ber jedem Vergleich steht. Wie aber sollen wir solche Sehnsucht in die Tat umsetzen, wenn offenkundig kein Verstand ein Begriffsvermgen und eine Wortwahl entwickeln kann, die Seines himmlischen Hofes wrdig wren? Wahrlich, unsere Zungen stammeln nur vor Unfhigkeit, die Wunder einer Prophetenlaufbahn aus lauter Superlativen zu beschreiben, geschweige denn zu verherrlichen. Der hier in Bahji vor hundert Jahren seinen letzten Atemzug auf Erden tat, war das gr§te Licht der Welt, der Stifter einer religisen Sendung, welche die sechstausend Jahre des Zyklus von Adam zum krnenden Abschlu§ fhrt und die fnftausend Jahrhunderte des Bah'-Zyklus einleitet. Er, die Gr§te Manifestation Gottes, erschien im Gr§ten Namen und trug die gr§ten Leiden als Stifter der Gr§ten Offenbarung, die ihrerseits der Brunnquell des Gr§ten Friedens ist. Bei unserem Versuch, diese beispiellosen Gnadengaben zu wrdigen, nennen wir die juwelengleichen Namen des Angebeteten, wie Perlen herausgefischt aus dem wahren Weltmeer Seiner Offenbarung. Wir streuen sie aus ber unser Wort der Huldigung, damit sie unserem Ausdruck Seiner Herrlichkeit und Majestt den angemessenen Glanz verleihen:
Knig der Knige, Herr der Herren, Hchster Mittler, Altehrwrdige Schnheit. Er ist der Vielgeliebte aller Welten. Wir begr§en in Ihm den langersehnten Verhei§enen, Ziel der Anbetung der ganzen Welt. Und wir rufen: "Geheiligt sei der Herr, der den Quell der Herrschaft in Hnden hlt!"
Wie schwer hatte Bah'u'llh zu leiden, um die Welt neu zu beleben! Zu Unrecht angeklagt, eingekerkert, ausgepeitscht, angekettet, verbannt von Land zu Land, verraten, vergiftet, Seines materiellen Besitzes beraubt und "in jedem Augenblick geqult mit einer neuen Qual": Das war der grausame Empfang fr den Ewigvater, den Besitzer aller Namen und Eigenschaften. Fast anderthalb Menschenalter hindurch, bis ans Ende Seines Erdenlebens, war Er ein Gefangener und Verbannter - unablssig verfolgt von den Herrschern des Persischen und des Osmanischen Reiches, erbarmungslos bekmpft von einer tckische Rnke schmiedenden Geistlichkeit, verworfen und verachtet von den anderen Souvernen, denen Er in machtvollen Botschaften zur Kenntnis gab, was nach Seinen Worten der Wahrheit "Wohlfahrt, Einheit, Eintracht sowie Wiederaufbau in der Welt bewirkt und die Ruhe der Vlker sichert". "Mein Leid," klagte Er einmal, "bersteigt alles Elend, das Jakob bejammerte, und alle Heimsuchungen Hiobs sind nur ein Teil Meiner Schmerzen."
Die Stimme stockt vor Scham, wenn sie noch mehr solche traurigen Worte wiedergeben soll; das Herz bricht entzwei beim blo§en Gedanken an die gottgesandte Zielscheibe dieser Schmerzen - Schmerzen, wie sie kein normaler Sterblicher ertragen knnte. Aber um nicht in dstere, trbselige Gefhle zu versinken, sollten wir unsere Zuflucht nehmen zu der heiteren Ruhe, die Er mit so bedeutungsvollen Worten wie den folgenden bewirkt: "Wir haben dies alles hchst bereitwillig und ergeben auf Uns genommen, damit die Menschenseelen erbaut werden und Gottes Wort gepriesen sei." So wahrte der Unterdrckte mit unerme§licher Geduld eine majesttische Haltung, so enthllte Er Sein wahres Selbst als das des barmherzigen, des liebenden, des unvergleichlichen Freundes. Alle Kraft konzentrierte Er auf den Zweck Seiner Offenbarung, um den sich alles drehte; Er verwandelte Seine Drangsale in Werkzeuge der Erlsung und rief alle Vlker unter das Banner der Einheit.
Keine irdische Macht konnte die Absicht der Erhabensten Feder durchkreuzen. Mit der Flle Seiner Schriften ergo§ Er die heilenden Wasser des erneuerten Gotteswortes ber den Planeten. Wie Frhlingsregen strmte Seine Offenbarung auf Ihn nieder und sammelte sich in rund hundert Bnden - "Bnden voll ungezhlter Ermahnungen, umwlzender Grundstze, weltgestaltender Gesetze und Gebote, unheilverkndender Warnungen und erstaunlicher Verhei§ungen, verbunden mit seelenerhebenden Gebeten und Andachten, erleuchtenden Kommentaren und Auslegungen, leidenschaftlichen Reden und Predigten, alles vermischt mit Ansprachen an Knige, Kaiser und Minister des Ostens wie des Westens, an Geistliche der verschiedensten Bekenntnisse und an die Fhrer auf dem intellektuellen, dem politischen, dem literarischen, dem mystischen, dem kaufmnnischen und dem humanitren Gebiet menschlicher Ttigkeit oder aber mit Verweisen auf diese Gestalten." An oberster Stelle unter Seinen Bchern steht Sein Kitb-i-Aqdas, die Charta der knftigen Weltkultur, in der Er die Gesetze Gottes fr unser Zeitalter verkndet. Freudig erbeben unsere Herzen vor der Aussicht, da§ im Verlauf dieses heiligen Jahres die mit Anmerkungen versehene englische bersetzung dieses Mutterbuches der Offenbarung Bah'u'llhs verffentlicht wird. Mit erstaunter Freude erkennen wir das reiche Vermchtnis dieser gttlichen Ausgie§ung und rufen: "Preis sei Dir, Du Sehnsucht der Welt, und Dank sei Dir, Du Vielgeliebter der Herzen derer, die Dir ergeben sind!"
Heute sind wir Zeugen der noch viel gr§eren Gabenflle eines unvergleichlichen Erbes. Mit dem Untergang der Sonne Bahs erhob sich der Mond Seines Bundes in spiegelnder Herrlichkeit, vertrieb das nchtliche Dunkel der Verzweiflung und erleuchtete den Pfad zur Einheit des ganzen Menschengeschlechts. In seiner Strahlenflle steht die anziehende Gestalt `Abdu'l-Bahs, des geliebten Sohnes, den Bah'u'llh zum Ausleger Seines Wortes, zum Lenker Seiner Amtsgewalt bestimmte, den Er zum Mittelpunkt Seines Bundes ernannte, zu einem Amt ohnegleichen in der gesamten Religionsgeschichte.
Wir erkennen die geheimnisvolle Macht Seiner Weisheit, die Leuchtkraft Seiner Worte, das unsterbliche Beispiel und die vereinende Kraft Seiner Taten. Seine unermdlichen Bemhungen verbreiteten den Ruhm der jugendlichen Sache Gottes weit und breit, das Weltzentrum des Glaubens trat klar in Erscheinung, der Glanz des Berges Gottes, auf den Bah'u'llh in Seinem Tablet vom Karmel anspielt, offenbarte sich Schritt fr Schritt. Mit tiefer Dankbarkeit fr diesen offenkundigen Segen erneuern wir unser Treuegelbnis zum Bund Bah'u'llhs und rufen: "Verherrlicht sei der Allbarmherzige, der Herr berstrmender Gnade!"
Unter den erstaunlichen Wirkungen Seines Bundes erhob sich eine Weltgemeinschaft auf "unangreifbarer Grundlage". Das Gesamtsystem der Verwaltungs- und Gesellschaftsordnung, die Bah'u'llh in Seinem Heiligsten Buche begrndet hat, ist errichtet. Tatkrftig arbeitet ein Netzwerk rtlicher, nationaler, kontinentaler und internationaler Institutionen auf dem ganzen Planeten in beispielhafter Einmtigkeit zusammen. Genhrt und belebt von Seiner verblffenden Offenbarung, getrnkt vom kostbaren Blut unzhliger Mrtyrer, gehegt von der liebenden Frsorge zahlloser ergebener Diener und Dienerinnen, ist der Baum der Sache Gottes in diesen hundert Jahren mchtig emporgewachsen, hat seine ste und Zweige weithin ausgestreckt und ppig die erste Frucht getragen.
Bah'u'llh traf die Welt in einem "seltsamen Schlaf". Aber welchen Aufruhr hat Sein Kommen ausgelst! Die Vlker der Welt wurden voneinander getrennt, weite Teile der Menschheit sind gesellschaftlich und geistig isoliert. Aber die Menschenwelt von heute ist vllig anders als diejenige, die Bah'u'llh vor hundert Jahren verlie§. Der gro§en Mehrheit unbekannt, hat Er doch mit Seinem Einflu§ alles Erschaffene durchdrungen. Tatschlich bleibt kein Lebensgebiet unberhrt. In den aufbrechenden Krften, in den verbreiterten Ausblicken, in dem wachsenden Weltbewu§tsein, in den sozialen und politischen Wirrnissen, im Niedergang der Knigsherrschaft, in der Emanzipation der Vlker, in der Entstehung von Mischkulturen, im Schrei nach Entwicklung, in der Aufregung ber die Extreme von Reichtum und Armut, in der zugespitzten Sorge um den Mi§brauch der Umwelt, im Bewu§tseinssprung bei den Rechten der Frau, im verstrkten Drang zur
kumene, in den immer lauteren Rufen nach einer neuen Weltordnung, in den verblffenden Fortschritten der Wissenschaft, der Technik, der Kunst und der Literatur - in diesem ganzen Tumult mit seinen widersprchlichen Ausdrucksweisen von Chaos und Ordnung, Vereinigung und Trennung, liegen die Zeichen fr Bah'u'llhs Macht als Weltreformer, die Beweise fr Seinen Anspruch als der Gttliche Arzt, die Wahrheit Seiner Worte als der Allwissende Ratgeber beschlossen.
Bah'u'llh schrieb ausfhrlich ber diese geheimnisvolle Kraftentfaltung, ihr Ziel und ihre verwandelnde Wirkung, aber das Wesentliche ist den folgenden klaren Worten zu entnehmen: "Durch die Bewegung Unserer Feder der Herrlichkeit haben Wir auf Befehl des allmchtigen Gesetzgebers neues Leben in jede menschliche Hlle gehaucht und frische Kraft in jedes Wort gefl§t. Alles Erschaffene verkndet die Beweise dieser weltweiten Erneuerung." Und an anderer Stelle: "Neues Leben durchpulst in dieser Zeit alle Vlker der Erde, und doch hat keiner seine Ursache entdeckt und seinen Grund erkannt." Und wiederum: "Er, der Unbedingte, ist in den Wolken des Lichtes gekommen, alles Erschaffene mit dem Odem Seines Namens, der Allbarmherzige, zu beleben, die Welt zu vereinen und alle Menschen zu versammeln um diese Tafel, die vom Himmel herabgesandt ist."
La§t die Erdenbewohner beim Widerhall Seines Namens aufwachen aus ihrem Schlummer, sich erheben aus ihren wirren Trumen und die Klarheit des neuen Tages aufnehmen; denn "heute ist der Knig der Tage, der Tag, der das Kommen des Meistgeliebten schaut, Dessen, der seit aller Ewigkeit als die Sehnsucht der Welt gepriesen wird."
Unsere Gedanken wenden sich zurck zu der Trauerzeit von 1892, als gro§e Scharen von Bewohnern der Umgegend herbeieilten, um sich mit Bah'u'llhs Anhngern in der Wehklage ber den Abschied des unsterblichen Geliebten zu vereinen. Es waren keine Anhnger Seiner Sache; sie hatten kein wirkliches Verstndnis Seiner Stufe, aber Seine Gegenwart wirkte unter ihnen in solcher Weise, da§ sie von einem lastenden Gefhl des Verlustes erfllt waren. Heute, ein Jahrhundert spter, kommen wir als die Vertreter Seiner Gemeinde aus den entlegensten Winkeln der Erde, in Scharen aufgereiht, um dem Herrn der Herrlichkeit zu huldigen. Mit uns im Geist vereint sind die Millionen Seiner Liebenden, verstreut ber Zehntausende von Drfern, Mrkten und Stdten, die zuhause in ihren Orten diesen erhabenen Jahrhunderttag feiern, die Herzen hergewandt zum Mittelpunkt hier in Bahj.
Mit uns an diesem Ort der Anbetung ist eine Anzahl heldenhafter Seelen aus der gefeierten Schar, der Shoghi Effendi, der Hter der Sache Gottes, den verdienten Ehrennamen Ritter Bah'u'llhs verliehen hat, um ihre Taten tapferer Hingabe als Lehrer des Glaubens zu kennzeichnen. Sie bildeten die Vorhut des siegreichen Zehnjahres-Kreuzzuges. Ihre Taten, aufbauend auf den dramatischen Leistungen des Heroischen Zeitalters sowie den Opfern zahlloser Mrtyrer und Helden der Vergangenheit, haben im Verfolg des von frheren Glaubenslehrern gebahnten Pfades der Sache Bah'u'llhs die Anerkennung als eine Weltreligion gebracht.
Nunmehr wird in unserer Feierstunde die Ehrenrolle mit den Namen der Ritter unter der Eingangstr zum Heiligsten Schrein an dem von unserem geliebten Hter bezeichneten Ort niedergelegt. Dies ist ein Symbol und ein Versprechen: ein Symbol, das eine klare Antwort wirksam festschreibt, die in kritischer Zeit auf die uns vom Herrn der Heerscharen bertragene Pflicht, Seine Lehren unter allen Vlkern zu verbreiten, gegeben worden ist; ein Versprechen, da§ die von jenen unerschrockenen Pionieren so glanzvoll eingelste Verpflichtung von den nachfolgenden Geschlechtern erneuert wird, damit das Licht der Offenbarung Bah'u'llhs, "strahlend in all seiner Macht und Herrlichkeit, den ganzen Planeten berzieht und umfngt".
Es ist auch ein Zeichen der Anerkennung fr die Macht, mit der die Hand der Allmacht Mcken in Adler verwandelt. Seine Gaben ermutigen uns. Vgel mit gebrochenen Flgeln sind wir; aber wenn Seine Zusicherungen in unseren Seelen widerhallen, dann schwingen wir uns in Seinem Dienst zu immer gr§eren Hhen auf. "Ich bin der knigliche Falke auf dem Arm des Allmchtigen!" erklrt Er und fgt voll Gte hinzu: "Ich entfalte die matten Flgel jedes verzagten Vogels und helfe ihm, sich aufzuschwingen." Wie knnten wir da fehlgehen?
Wir geloben: Eine bewegte Geschichte gttlichen Beistands hinter uns, eine klare Schau der sich entfaltenden Geschicke vor uns, so schreiten wir voran, neu geboren, neu gesegnet, neu entschlossen, bis das Bewu§tsein jedes menschlichen Wesens vom Wissen um Gottes siegreichen Glauben berhrt worden ist. Und mit den erwartungsvollen Worten Seines Mrtyrer-Heroldes rufen wir: "Gepriesen sei Seine Herrlichkeit, verherrlicht Seine Macht, geheiligt Seine Heiligkeit, gerhmt Seine Gr§e, und gelobt sei Er auf allen Seinen Wegen!"
Das Universale Haus der Gerechtigkeit